In vielen Behörden zeigt sich aktuell in unterschiedlichem Grad das Problem von Personalmangel und damit verbunden Limitationen in deren Handlungsfähigkeit. Seinen Höhepunkt findet dies aktuell bei den Zuständen in und vor dem Ausländeramt in Stuttgart. Bei diesem haben sich die Probleme so weit zugespitzt, dass man quasi von einer aktuellen Handlungsunfähigkeit des Amtes sprechen kann. Die Leidtragenden dieser Zustände sind vor allem all jene Menschen, welche nicht aus der BRD kommen und nun ihre Existenzen dadurch bedroht sehen. Viele von ihnen fangen in ihrer Verzweiflung nun an, trotz Kälte vor dem Amt zu übernachten.


Eigentlich sind es Szenen, welche man so aus der BRD eher nicht kennt. Vielmehr erinnern diese Szenen an Orte auf der Welt, in welchen nun Krieg herrscht oder Katastrophen stattgefunden haben. Bilder von Menschenmassen, welche Stunden, teilweise tagelang an Orten ausharren, um lebensnotwendige Dinge wie Nahrungsmittel, Medizin und warme Kleidung zu bekommen. Ähnliche Bilder sehen wir nun auch in Stuttgart. Nur dass es dabei nicht um diese Dinge, sondern um das Bearbeiten bürokratischer Vorgänge geht.


Für das Leben jener Menschen sind diese bürokratischen Prozesse jedoch oft genauso lebensnotwendig wie Essen, Trinken und ein Dach über dem Kopf. Ohne die Fertigstellung dieser ist für viele quasi nichts mehr möglich. Wohnung, Arbeit und generell die Erlaubnis der Imperialisten, weiter in diesem Land zu leben sind Dinge, welche von der Bearbeitung bürokratischer Vorgänge abhängen.


Schon vor Monaten wurde das erste Mal in den sozialen Medien von katastrophalen Zustanden in der Stuttgarter Ausländerbehörde, sowie von wartenden und kampierenden Menschenmassen vor dem Amt berichtet. Mittlerweile haben auch die bürgerlichen Medien dieses Thema aufgegriffen und berichten darüber. Seitdem hat sich die Situation vor dem Ausländeramt aber keineswegs verbessert. Vielmehr scheint das Gegenteil der Fall zu sein. Das monatelange Campieren vor der Behörde hat dazu geführt, dass aktuell kleine Läden in der Nähe ihre Öffnungszeiten erweitert haben, um den wartenden Menschen irgendwie noch sanitäre Anlagen zur Verfügung zu stellen. Sogar das Deutsche Rote Kreuz (DRK) ist mittlerweile vor Ort, um die wartenden Menschen mit Getränken zu versorgen.


Doch nicht nur die Strapazen des Wartens treffen die Menschen, auch der Fakt, dass viele trotz Campen vor dem Amt keine Termine bekommen, trifft einige sehr hart. So gibt es in den sozialen Netzwerken und der Presse Berichte von Menschen, welche erzählen, dass sie ,aufgrund dessen, dass das Ausländeramt sich nicht zurückmeldet, um ihnen Dokumente bezüglich ihrer Aufenthaltserlaubnis auszustellen, sie ihre Arbeit verlieren und ihre Rechnungen nicht bezahlen können. Andere wiederum laufen Gefahr in die Obdachlosigkeit zu rutschen, indem sie sich nun mit dem Verlust ihrer Wohnung konfrontiert sehen, bzw. sich wegen der fehlenden Dokumente erst gar keine mieten können.


Natürlich wirkt sich die unhaltbare Situation auf dem Ausländeramt auch negativ auf die Beschäftigten aus. In Interviews mit den bürgerlichen Medien berichten einige Angestellte von verstärkter Arbeitsbelastung und zunehmendem Stress, welchem sie ausgesetzt sind.
„Wir sind nur noch 'Getriebene', können nur noch reagieren und versuchen zumindest die wichtigsten Dinge zu erledigen." Wird beispielsweise gegenüber dem SWR geäußert.


Die Frustration der Beschäftigten ist sehr nachvollziehbar und legitim. Verschiedene Politiker, die für diese Zustände verantwortlich sind, versuchen allerdings die Schuld dafür von sich abzuwälzen und die Beschäftigten gegen die geflüchteten und migrantischen Teile unserer Klasse auszuspielen. Gerade die CDU nutzt diese Situation als Anlass, um die chauvinistische Stimmung gegen Flüchtlinge und Migranten anzuheizen. So bezeichnete Stuttgarts Oberbürgermeister Nopper (CDU) in einer Sitzung des sogenannten "internationalen Ausschusses" des Stuttgarter Gemeinderates, die vor dem Ausländeramt wartenden Menschen als "Ein Publikum, das nicht einfach ist“, wodurch subtil versucht wird, den von den Zuständen am stärksten betroffenen Menschen eine Teilschuld an dieser zuzusprechen. Auch sonst ist die Stuttgarter CDU eifrig dabei, diese Situation als Anlass zu nehmen, um eine „Begrenzung der Migration“ zu fordern.


Der Zustand vor dem Stuttgarter Ausländeramt und der Umgang der Politiker mit diesen, zeigt einfach, wie egal diesen die Menschen sind, die unter ihrer Politik leiden. Dabei sind sie es, welche für die Lage dieser Menschen verantwortlich sind. Nicht nur wegen der Situation vor der Ausländerbehörde, sondern auch wegen des Elends, das durch die Ausplünderung der unterdrückten Länder geschaffen wird und die meisten dieser Menschen erst zur Flucht aus ihrem Land getrieben hat.