Korruption kennt man angeblich nur aus „Schurkenstaaten“, sogenannter „dritt-Welt-Länder“, die es mit dem Rechtstaat nicht sonderlich ernst nehmen würden.Doch entgegen dem guten Bild das mancher Deutsche von dem ihn unterdrückenden Staat hat, gibt es sie auch hier.

 

 

Eine einheitliche, global verwandte Definition von Korruption gibt es nicht. Die NGO ‚transparency international‘ schlägt zur Definition von Korruption folgende nützliche Formulierung vor:

„Korruption ist der Missbrauch anvertrauter Macht zum privaten Nutzen oder Vorteil.“ Transparency

Deutschland hat international den Ruf einer ehrlichen und vertrauenswürdigen Nation. Die Deutschen nehmen schließlich alles sehr genau, und wie solle da Platz für ‚Bestechlichkeit‘ sein, wenn alles penibel genau überprüft wird?
Doch der Schein trügt. Im Ranking der korruptesten Länder der Welt belegt Deutschland von 180 Ländern den 11. Platz.

„Deutschland liegt dabei im vergangenen Jahr auf Rang 11 von 180 Staaten, hinter Ländern wie Singapur, der Schweiz oder Dänemark. Besonders alarmierend: Aus Sicht der Wirtschaftschefs nimmt Korruption und Bestechung in Wirtschaft und öffentlichen Institutionen in Deutschland zu. Edda Müller, ehemalige Vorsitzende von Transparency Deutschland: "Der Wirtschaftsstandort Deutschland wird von der Wirtschaft selbst kritisch bewertet. Offensichtlich existiert hier der Eindruck, dass man mit unlauteren Methoden auch hier in Deutschland Geschäfte fördern kann."
Tagesschau

Selbst die Europäische Union bemängelt fehlende Transparenz in Deutschland und attestiert der bundesdeutschen Politik Bestechlichkeit von Abgeordneten:

„Auch in der deutschen Politik läuft es in Sachen Korruption nicht blendend. Das Antikorruptionsgremium des Europarats hat Nachholbedarf attestiert. Deutschland tue nicht genug gegen Bestechung von Abgeordneten. Beteiligungen der Politiker an Unternehmen beispielsweise müssten detaillierter dargelegt werden. Und es brauche klarere Regeln für den Umgang mit Lobbyisten. Auch Transparency Deutschland fordert schon lange ein öffentliches Lobbyregister aus dem hervorgeht, welche Lobby auf welches Gesetz im legislativen Prozess Einfluss genommen hat. Bis Juni 2020 muss Deutschland nun Nachbesserungen nachweisen.“ (ebd.)

Freilich muss dabei betont werden, dass nicht nur in Deutschland die Korruption wächst. Die G7-Staaten („die 7 bedeutendsten Industrienationen der westlichen Welt“, Wikipedia) stehen für die Fortentwicklung der Korruption paradigmatisch:

„Allein in vier der G7-Staaten verschlechterte sich die Situation im vergangenen Jahr: in Kanada, Frankreich, Großbritannien und den USA. Deutschland und Japan stagnierten, allein Italien konnte sich leicht verbessern.“ Tagesspiegel


Im Folgenden sollen ein paar aktuelle Beispiele von Korruption in Deutschland näher beleuchtet werden und die unmittelbare Aktualität verdeutlichen. Es soll helfen die Verklärung von Deutschland als einwandfreier Nation mit makelloser Ehrlichkeit zu nehmen und die tatsächlichen Vorgänge hinter der Fassade zu beleuchten.

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer und die „Maut-Affäre“

Andreas Scheuer besitzt als Bundesverkehrsminister relativ wenig Politprominenz. Verglichen mit den Politpromis aus dem Innen- oder Außenministerium sind die Entscheidungen über das bundesdeutsche Verkehrswesen demgegenüber unwichtiger. Bekanntheit erlangte Scheuer zuletzt jedoch durch den aufgeflogenen Skandal um Vorteilsnahme für sich und Bekannte im Zuge der sogenannten „Maut-Affäre“. Bei dieser Affäre geht es um Veruntreuung von Steuergeldern in schwindelerregender Höhe von 560 Millionen Euro. Dass es sich um - im weitesten Sinne – Bekannte von Andreas Scheuer handelte, belegen bislang geheim gehaltene Treffen mit den Top-Managern des Mautunternehmens (d.h. dem Zusammenschluss von den Unternehmen Eventim und Kapsch):

„Nachdem der „Spiegel“ Mitte September erstmals über zwei „Geheimtreffen“ Scheuers mit Topmanagern von Eventim und Kapsch berichtet hatte, gab sich der Minister arglos. Die Treffen seien „nicht geheim“ und „ganz normal“ gewesen, wiegelte er in einer aktuellen Fragestunde im Bundestag ab. Wenig später musste Scheuers Ministerium einräumen, dass zu den Gesprächen auf Spitzenebene keinerlei Vermerke angefertigt und zu den Akten gegeben wurden – während mehrere Treffen seiner Fachbeamten mit den Vertretern der geplanten Auftragnehmer im fraglichen Zeitraum penibel protokolliert wurden. Auch die in dieser Woche bekannt gewordenen weiteren fünf undokumentierten Gespräche, die Scheuer selbst oder sein für die Maut zuständiger Staatssekretär Gerhard Schulz mit Topmanagern der Mautfirmen geführt hat, ließ er mitnichten aus eigenem Antrieb auf der Internetseite seines Ministeriums veröffentlichen, wie er jetzt im Nachhinein nahelegen will – sondern ganz allein auf Druck der Opposition.“ Capital


„Der Untersuchungsausschuss vermutet, dass Scheuer offensichtlich neben dem Abgeordneten-Postfach auch seinen privaten E-Mail-Account nutzte, um über relevante Vorgänge zur Pkw-Maut zu kommunizieren. Mails des Ministers über seinen Abgeordneten-Account waren dem Untersuchungsausschusses vom Ministerium zur Verfügung gestellt worden - aber erst verspätet.“ Tagesspiegel

Im nachträglich eingesetzten Untersuchungsausschuss im Bundestag werden folgende Vorwürfe debattiert:

„Was sind die Kernvorwürfe? Minister Scheuer hat ohne Not vorschnell einen schlechten Vertrag unterschrieben. Er hätte das Urteil des Europäischen Gerichtshofs abwarten sollen. Wie es auch sein Vorgänger Dobrindt immer anmahnte. Außerdem hat er Haushalts- und Vergaberecht gebrochen, dies bestätigt auch der Bundesrechnungshof. (...) Einer der Vorwürfe auf dem 28 Seiten langen Gutachten des Rechnungshofs: Der Verkehrsminister habe das finale Angebot eines Bieters im Rennen um die Maut preislich drücken wollen. Eigentlich hätte er dann aber auch den übrigen Bietern Gelegenheit zu einem neuen Angebot geben müssen. (...) Kindler [Mitglied des Untersuchungsausschusses, d. Red.] wirft Andreas Scheuer unter anderem vor, dass er Kosten verschleiern wollte, um die Maut auf jeden Fall umsetzen zu können. Der Bundestag hatte Scheuer nur zwei Milliarden Euro zur Umsetzung der Maut zugesprochen, das letzte Angebot vom Konsortium Autoticket der Firmen Eventim und Kapsch lag aber bei drei Milliarden Euro. Kosten wurden, so Kindler, einfach versteckt in der Firma Toll Collect, die eigentlich die LKW-Maut abrechnet und nun Zusatzaufgaben bei der Pkw-Maut aufgebürdet bekommen sollte. Pikant daran: Toll Collect ist erst seit 2018 ein öffentliches Unternehmen. – Infrastruktur-Nutzung zu Billigpreisen: „Zum Beispiel die Maut-Terminals und andere Tätigkeiten. Und dafür aber keine marktgerechten Preise zu nehmen. Sondern de facto hätte dann eine staatliche Firma die privaten Mautbetreiber subventioniert. Und dafür hätte dann Toll Collect auf Umwegen über den Bundeshaushalt, ohne dass es transparent gemacht wäre, mehrere Hundert Millionen Euro über die Vertragslaufzeit bekommen.“ Für Kindler ist klar: „Die Kosten wären trotzdem angefallen, es wäre trotzdem extrem teuer für den Steuerzahler geworden. Aber Andreas Scheuer konnte nach außen hin vorgeben, dass er den Kostenrahmen gehalten hätte. Im Kern hat er aber gelogen und betrogen.“
Deutschlandfunk

Wie steht es nun um die letztendliche Transparenz und um den Schaden für die Öffentlichkeit, die Steuerzahler, d.h. die Leute, die in in diesem Land leben? Weder wird das Volk am Prozess (sollte einer überhaupt initiiert werden) noch an einer möglichen Verurteilung teilnehmen können geschweige denn die halbe Milliarde zurückbekommen. Und auch der Untersuchungsausschuss des Bundestages ist in seinen Handlungen stark begrenzt:

„Eines aber ist jetzt schon klar: der Untersuchungsausschuss kann nur politische Fehler feststellen, nicht die Kosten für den Steuerzahler ermitteln. Ende 2019 hatten die Mautbetreiber 560 Millionen Euro vom Bund gefordert. Wie hoch die Rechnung am Ende wird, muss ein privates Schiedsgericht klären, fernab der Öffentlichkeit. Das Verfahren kann zwei oder drei Jahre dauern. Die Schadenssumme steht also wahrscheinlich erst weit nach Ende der Legislaturperiode und damit nach Ende von Scheuers Amtszeit fest.“ (ebd.)

Doch es kam noch fataler. Während zu Beginn der „Maut-Affäre“ absolute Transparenz seitens des Verkehrsministeriums versichert wurde, ist man inzwischen von der vollen Transparenz zu stark eingeschränkter übergegangen. Ein Teil der Akten ist inzwischen als ‚streng geheim‘ eingestuft worden, angeblich würden die enthaltenen Informationen ‚dritte‘ berühren:

„Der entscheidende Unterschied: Über 170 Papiere gelten nun als vertrauliche Verschlusssachen. Das Verkehrsministerium hat sie in der Geheimhaltung hochgestuft. Sie müssen nun in der Geheimschutzstelle des Bundestags lagern. Die Folge: Die Arbeit des Untersuchungsausschusses des Bundestags zur Maut, der letzte Woche seine erste Sitzung hatte, wird komplizierter. Denn nur Abgeordnete oder Mitarbeiter mit Sicherheitsüberprüfung dürfen sich in der Geheimschutzstelle Notizen, aber keine Kopien machen. Eine weitere Folge: Über die höher gestuften Papiere darf nicht mehr öffentlich in den Sitzungen des Untersuchungsausschusses beraten werden. Und auch die Abgeordneten dürfen öffentlich nicht mehr über den Inhalt reden. Ihnen könnten empfindliche Strafen drohen. (...) Besonders bemerkenswert ist, dass die Höherstufung zur vertraulichen Verschlusssache erst nachträglich erfolgt ist. Für Beobachter ein merkwürdiger Vorgang.“
Deutschlandfunk

„Peinlich wird es, wenn er mit großem Tamtam Maut-Akten in den Verkehrsausschuss schiebt [tatsächlich hat Scheuer die Akten in einem Bollerwagen medienwirksam ins Parlament einfahren lassen um seine vermeintliche Transparenz zu illustrieren, Anm. d. Red.]– um sie wenig später wieder herausrollen zu lassen, weil sie als Verschlusssache eingestuft werden müssen.“ Handelsblatt

Vermutlich wird sich das Desaster um die Mautaffäre noch einige Jahre hinziehen. Und stellt man diese Affäre in Kontrast zu anderen Machtmissbrauchsskandalen, wie beispielsweise die Berateraffäre um Urusla von der Layen, die kurz vor der Untersuchung durch einen Ausschuss folgenlos sämtliche Handydaten löschen konnte („Viel ausführlicher als die Parteien der Großen Koalition widmet sich dieser Bericht auch den verschwundenen Handy-Daten der Ex-Ministerin. So war eines der Diensttelefone von der Leyens im August 2019 im Verantwortungsbereich des Verteidigungsministeriums einer Grundreinigung unterzogen und die Daten waren komplett gelöscht worden, obwohl der Ausschuss kurz vorher noch einmal daran erinnert hatte, dass auch SMS-Botschaften für die Ausschuss von Belang seien. Eine "Vernichtung von Beweismitteln" beklagen Grüne, Linkspartei und FDP.“ Siehe Tagesschau. Und inzwischen als Kommissionspräsidenten der EU sogar noch aufsteigen durfte, ist es naheliegend, dass auch ein Andreas Scheuer ohne Strafe oder Postenverlust die Mautaffäre hinter sich bringen kann.

Teenstar Philipp Amthor wird gekauft

Doch auch Newcomer der bundesdeutschen Politik lernen von früh auf, wie das Business zum eigenen Vorteil missbraucht werden kann. Der als Jugend-Star am CDU Himmel titulierte ‚Youngster‘ Phillip Amthor brachte es zu einiger Bekanntheit, gleichwohl er im Politzirkus wenig Macht besitzt und auch kein Kabinettsmitglied ist. Im Zuge des „Zerstörung der CDU“-Videos des Youtubers ‚Rezo‘ jedoch brachte die CDU Amthor als ‚jungen‘ Gegenspieler aufs Parkett, der die konservative Partei attraktiv für junge Wähler machen sollte. Doch wenige Monate nach seinem politischen Höhenflug bereits der Absturz: Amthor war und ist verwickelt in offensichtliche Vorteilsnahme durch einen Konzern, dem dieser im Gegenzug durch seine Politkontakte Vorteile ermöglichte.

Was war passiert? Phillipp Amthor ist seit längerer Zeit von dem US-amerikanischen Unternehmen ‚Augustus Intelligence‘ durch materielle Geschenke finanziert worden und wendete im Gegenzug sein gutes Wort in hoher Politik für jenes Unternehmen ein.

„Es geht darum, dass Amthor auf Kosten der umstrittenen IT-Firma – die eine Briefkasten-Adresse in der US-Steueroase Delaware besitzt und von der niemand weiß, was sie genau verkauft und – schöne Geschenke bezahlt bekommen hat: teure Flugreisen, Übernachtungen in Luxushotels, lecker Champagner und Aktienoptionen im Wert von bis zu einer Viertelmillion US-Dollar. Die Gegenleistung: für das Start-up bei der Bundesregierung ein gutes Wort einlegen.“ Taz

„Der CDU-Abgeordnete Philipp Amthor hat mit einem Brief an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) Lobbyarbeit für das Unternehmen Augustus Intelligence betrieben. Vom Erfolg der New Yorker Firma profitiert Amthor womöglich persönlich. Der Entwurf des Schreibens, der dem SPIEGEL vorliegt, wurde im September 2018 auf dem Briefpapier des Deutschen Bundestags verfasst und kursierte vor Versenden im Unternehmen. Darin lobte Amthor das Start-up und bat Altmaier um politische Unterstützung. Das Schreiben ging am 2. Oktober im Wirtschaftsministerium ein. Amthor bekam gemäß einer internen Aufstellung mindestens 2817 Aktienoptionen an der Firma und bekleidet einen Direktorenposten. Dem SPIEGEL liegen zudem Unterlagen über Reisen und Aufenthalte in teuren Hotels vor, die Amthor mit Augustus-Mitarbeitern unternahm. Der Abgeordnete kommentierte auf Anfrage nicht, wer die Kosten für Reise, Unterkunft und Champagner übernahm. Auch Augustus äußerte sich nicht zu konkreten Fragen. Um sich herum haben die Firmengründer eine Gruppe von konservativen Männern geschart. Dazu gehören der ehemalige Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen oder der frühere BND-Chef August Hanning. Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg stieg als Teilhaber bei Augustus ein und wurde Präsident der Firma.“ Spiegel

Wie nicht anders zu erwarten wurde ein mögliches Verfahren bereits am Anfang gestoppt. Die Berliner Staatsanwaltschaft sehe keinen Anfangsverdacht einer Bestechlichkeit oder Bestechung. Wie man die materielle Zuwendung stattdessen bezeichnen soll bleibt weiterhin schleierhaft. Für jeden Arbeiter wird jedoch Glas klar sein: In dieser kapitalistischen Welt gibt es nichts umsonst. Und so werden auch die Zuwendungen mit einer Gegenleistung verbunden sein. Das jedoch ist der Kern von Bestechung und Lichtjahre entfernt von politischer Neutralität, die sich deutsche Politiker zumindest vollmundig auf die Fahnen schreiben.
Vgl. Handelsblatt

Wirecard und die Regierung

WIRECARD ist ein deutsches (und ehemaliges DAX) Unternehmen, dass elektronische Zahlungen gegen eine Gebühr abwickelte. Für den Fall eines nicht gedeckten Kontos eines Käufers musste WIRECARD Treuhandkonten besitzen, um etwaige Zahlungsausfälle ausgleichen zu können. Und hier liegt auch bereits die Crux. Kurz gesagt: eine große Anzahl dieser Treuhandkonten gab es schlicht nicht, und 1,9 Mrd. Euro an Rücklagen für Zahlungsausfälle hat es nie gegeben. Der Betrug flog auf, der Chef (Marsalek) taucht bis heute unter, die Aktie von WIRECARD stürzte ab. Bereits im Jahre 2015 sind die ersten Ungereimtheiten in den Bilanzen aufgetaucht.

„Im April 2015 beginnt die britische “Financial Times” eine kritische Artikelserie mit dem Namen “House of Wirecard”. Ein Jahr später wirft ein britischer Investor dem Unternehmen betrügerische Machenschaften wie Korruption, Betrug und Geldwäsche vor. Daraufhin bricht der Kurs der Wirecard-Aktie das erste Mal massiv ein. Davon profitierten Investoren, die mit sogenannten Leerverkäufen auf fallende Kurse gesetzt hatten. Die deutsche Finanzaufsicht Bafin eröffnete daher eine Untersuchung wegen verbotener Marktmanipulation und erstattete Strafanzeige.“ RND

Inzwischen sind dichte Verbindungslinien von WIRECARD zu hochrangigen Politikern bekannt. Diese traten als ‚Berater‘ im Namen von WIRECARD auf und setzten sich für „einen Marktantritt“ in China ein.

„Der Skandal um Wirecard rückt zunehmend in Richtung einer politischen Affäre. Nach Finanzminister Olaf Scholz gerät nun das Kanzleramt ins Visier des Falls. Demnach soll Karl-Theodor zu Guttenberg im September 2019 in seiner Beraterfunktion für den Zahlungsdienstleister erfolgreich bei der Kanzlerin um einen Marktantritt in China geworben haben. (...) Das Kanzleramt rückt erneut in den Fokus der Kritik: Neben zu Guttenberg soll auch der frühere Beauftragte für die Nachrichtendienste des Bundes, Klaus-Dieter Fritsche, Kontakte zwischen dem Unternehmen und der Regierungsspitze eingefädelt haben. Laut Fritsche kam es tatsächlich zu einem Treffen zwischen Managern und Kanzleramtsmitarbeitern.“ (ebd.)


„Wie wenig die Bafin auf die seit 2015 vorliegenden Hinweise und Verdachtsmomente angesprungen sei, habe sich jedenfalls im Januar 2019 gezeigt, als die Financial Times eine im Kern richtige Darstellung der Vorgänge bei Wirecard veröffentlichte. Die Bafin habe daraufhin die Journalisten angezeigt, sagt Toncar. Sie habe offensichtlich die Geschichte von Wirecard geglaubt: nämlich, dass das Unternehmen sauber sei, und die Vorwürfe nur böse Gerüchte seien, die von Menschen in die Welt gesetzt würden, die auf fallende Aktienkurse von Wirecard wetteten.“ Die Zeit

Die Bundesfinanzaufsicht ist die zuständige Behörde. Sie hat Wirecard vor Strafverfolgung geschützt, anstatt die Rechtsordnung vor Wirecard zu schützen. Das finden bürgerliche Journalisten ganz beachtlich. Nun kann man sich hinstellen, und sagen, nun denn die Journalisten haben wohl tatsächlich versucht einen Gewinn aus der Nachricht zu schlagen – sie hatten wohl mit Insidergeschäften auf der Grundlage ihres Artikels zu tun. Doch das ändert ja nichts daran, dass die Artikel wahr waren.

Doch es hört mit dem fragwürdigen Verhalten der Bafin nicht auf.

„In der Kritik steht allerdings auch Scholz' Staatssekretär Jörg Kukies. Der habe sich noch im November 2019 mit dem Vorstandsvorsitzenden von Wirecard getroffen und sich mit ihm über die Bafin-Ermittlungen ausgetauscht, ohne dass es davon ein Protokoll oder Zeugen gebe, kritisiert Toncar. ‚Auch da haben wir Fragen.‘“ Die Zeit

Nun kann man es amüsant finden, dass ausgerechnet der FDP Politiker Toncar fadenscheinigen Lobbyismus anklagt. Doch das es nicht ganz koscher ist, wenn solche Gespräche nicht protokolliert werden, klingt erst mal überzeugend.

„Eine Regierungssprecherin bestätigte am Montag, dass Merkel das Thema Wirecard in China angesprochen habe, sagte aber, Merkel habe zu diesem Zeitpunkt keine Kenntnisse über Unregelmäßigkeiten bei dem Unternehmen gehabt. Wenn nicht Merkel selbst, so wird zumindest das Kanzleramt die Frage zu beantworten haben, wieso Merkel ohne diese wichtigen Informationen auf die Reise ging.“ Die Zeit

„Auf ihrer Chinareise Anfang September vergangenen Jahres sprach die Bundeskanzlerin mit der Staatsführung auch über den geplanten Zusammenschluss von Wirecard mit dem Pekinger Finanzunternehmen AllScore Payment.“ Der Spiegel

Die Vorstellung, dass die Kanzlerin eines imperialistischen Landes mit Großmachtambitionen nicht über durch die Presse gehende „Skandale“ in Bezug auf ein Unternehmen gebrieft wird, für dessen Interessen sie sich auf einer Auslandsreise einsetzen will, diese Vorstellung ist absurd.
Das ist einfach gelogen und jeder weiß das.

Doch wirft dies die Frage auf, welches Interesse denn die BRD an diesem Unternehmen hat? Warum wurde ein Auge zugedrückt bis es nicht mehr ging?


Ein erster Hinweis auf die Interessen des deutschen Imperialismus am Unternehmen Wirecard ist der Lobbyist der sich dafür bei der Regierung eingesetzt hat. Klaus Dieter Fritsche.


„Bei der Vermittlung zwischen Politik und dem Unternehmen spielten demnach auch der ehemalige Beauftragte für die Nachrichtendienste des Bundes, Klaus-Dieter Fritsche, sowie wie bereits bekannt Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg eine Rolle.“ Die Zeit

„Am Mittwoch legte das Bundeskanzleramt Karten auf den Tisch. Die Regierungszentrale hatte seit Ende 2018 mehrmals Kontakt mit Wirecard-Managern und Beratern - überraschend tauchte dabei auch der Name Klaus-Dieter Fritsche auf. Fritsche war im Kanzleramt von 2014 bis zum Frühjahr 2018 Staatssekretär und zuständig für die Geheimdienste.
Fritsche wandte sich nach Angaben eines Regierungssprechers am 13. August 2019 an das Kanzleramt und bat um einen Gesprächstermin für die Wirecard AG bei Merkels Wirtschaftsberater Lars-Hendrik Röller am 11. September 2019. Zur Vorbereitung bat das Kanzleramt beim Finanzministerium um Informationen zum Unternehmen.“ Die Welt


Klaus Dieter Fritsche war Staatssekretär der deutschen Bundesregierung und zuständig für Geheimdienste und arbeitete danach in Österreich im gleichen Feld. Er war der Lobbyist für Wirecard und als Grund gibt er an, dass er CSU Mitglied sei und Wirecard aus Bayern.
Der Grund ist aber vermutlich doch ein anderer. Als Geheimdienstler war Fritsche die Relevanz eines Unternehmens, das den bargeldlosen Zahlungsverkehr bei sich monopolisiert, also extrem wichtige Massendaten sammelt, und das weltweit, für den deutschen Imperialismus klar, und er konnte diese Relevanz gegenüber der Bundesregierung der BRD vermitteln.

Lobbyismus – die noch verstecktere Korruption

Doch nicht nur in der bundesdeutschen Politik ist Korruption verortet. Unternehmen versuchen regelmäßig mit allen legalen, aber auch illegalen Methoden ihren Profit zu steigern. Ein paar Beispiele:

„Es geht laut Staatsanwaltschaft um einen Schaden in Millionenhöhe: Mitarbeiter der BASF sollen das Chemieunternehmen in Ludwigshafen betrogen haben. Der Vorwurf lautet Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr. Über Jahre hinweg sollen sie nicht geleistete Arbeitsstunden von externen Firmen abgerechnet haben. Die monatelangen Ermittlungen stehen kurz vor dem Abschluss. Bereits Jahre zuvor hatte die BASF einen ähnlichen Fall von Korruption. (...) Schlagzeilen machte auch Alfred Lehmann, der ehemalige Oberbürgermeister von Ingolstadt. Er entging nur knapp dem Gefängnis: zwei Jahre Haft auf Bewährung. Er trickste bei Bauprojekten und bekam beispielsweise Wohnungen zum Vorzugspreis. Es geht um 380.000 Euro Schaden. Das Landgericht Koblenz verurteilte gerade einen ehemaligen Mitarbeiter des Ausländeramts. Er hat in mehreren Fällen, so das Urteil, gegen Geld Anträge zugunsten von Asylbewerbern ausgestellt und so von ihrer Not profitiert. Es geht um insgesamt knapp 20.000 Euro.
3804 solcher Korruptionsstraftaten hat die Polizei 2018 registriert. So steht es im "Bundeslagebild Korruption" des Bundeskriminalamts. Das ist ein Rückgang im Vergleich zum Vorjahr. Doch das BKA geht selbst von einer hohen Dunkelziffer aus. Tatverdächtige, die die Hand aufgehalten haben, sind laut Bericht überwiegend so genannte Amtsträger - beispielsweise Beamte, Behördenmitarbeiter oder Richter, meist in der öffentlichen Verwaltung.“
Tagesschau

Jährlich würden durch Korruption unfassbare 335 Mrd. € verloren gehen. Gleichzeitig gehen NGOs wie ‚transparency international‘ von einem weiteren Anstieg der Korruption aus (vgl. ebd.).

Doch auch die Parteinfinanzierung ist mit Vorteilsnahme verbunden. Der zuletzt in die Schlagzeile geratene Fleischkonzern ‚Tönnies‘ hat jahrelang Spendengelder an die CDU überwiesen (in den letzten 18 Jahren über 150.000€, vgl. Frankfurter Rundschau. Und auch der ehemalige SPD-Chef Siegmar Garbriel wurde fürstlich für seine Werbung für den Konzern entlohnt – mehr als 10.000€ monatlich plus Spesen.


„Gabriel war zuletzt in die Kritik geraten, da er vom vergangenen März bis mindestens Ende Mai für Tönnies als Berater tätig war. Laut Informationen des ARD-Magazins Panorama erhielt er ein Pauschalhonorar von 10.000 Euro im Monat sowie eine zusätzliche vierstellige Summe für jeden Reisetag. Gabriel hatte seine Beratertätigkeit für den Fleischkonzern verteidigt. "Ich kann an dem Beratungsverhältnis mit einem großen Arbeitgeber nichts Problematisches erkennen", sagte er gegenüber dem Spiegel.“ Die Zeit

„Deutschland attestiert die Organisation Verbesserungsbedarf bei der Regelung für die Parteienfinanzierung. „Zu oft werden die gesetzlichen Offenlegungspflichten für Spenden umgangen und Lücken beim Sponsoring ausgenutzt“, heißt es. Der Vorsitzende von Transparency Deutschland, Hartmut Bäumer, sagt dazu: „Die Vorwürfe der verdeckten Wahlkampfhilfen gegen die AfD und die Korruptionsaffäre in Regensburg zeigen deutlich, dass wir mehr Transparenz und eine Deckelung bei der Parteienfinanzierung brauchen.“ Zuletzt hat die AfD im Prozess um fragwürdige Wahlkampfhilfe Anfang Januar eine Niederlage erlitten.“ Tagesspiegel

Fazit: Korruption in Deutschland

Fassen wir zusammen: Folgt man der Definition von ‚transparency international‘, qua der Korruption Missbrauch anvertrauter Macht zum privaten Nutzen oder Vorteil ist, muss man zweifelsfrei zu dem Schluss gelangen, dass Korruption in Deutschland in Politik und Wirtschaft gängiges Vorgehen war und ist. Statistiken weisen Deutschland auf die vorderen Plätze im Vergleich korrupter Länder und der Blick in die Tagespresse beweist die Richtigkeit zu Genüge. Dass in der bürgerlichen Gesellschaft die Bourgeoisie alle Trickserein benutzt um sich juristisch aus dem Vorwurf der Korruption zu winden und die Gerichte dem oft Nachgeben, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die nachweislichen Bezahlungen von Unternehmen an Politiker (Gabriel, Amthor, etc.) eine eindeutige Vorteilsnahme zum privaten Nutzen ist.
Das ist auch kein Zufall und es liegt auch nicht am schlechten Charakter von einzelnen Politikern. Der bürgerliche Staat ist die politische Gewalt der Bourgeoisie. Die unterschiedlichen Fraktionen der Bourgeoisie wollen und brauchen ihn, um das Volk nieder zu halten, also ihren Machterhalt als Klasse zu garantieren und die Bedingungen ihres Profitinteresses zu gestalten. Doch dabei konkurrieren die Fraktionen der Bourgeoisie auch darum, wer sich mit seinen partikularen Interessen gegen die anderen durchsetzt. Die Bezahlung von Individuen, die zu dem Teil der Bourgeoisie gehören, der den Staat tatsächlich verwaltet, um diese Individuen im eigenen Sinne zu beeinflussen, ist notwendige Folge dieser Konkurrenz um die Macht innerhalb der herrschenden Klasse. Die Alternative dazu sind nicht Saubermänner in Amt und Würden, denn das heißt nur, dass diese Schweine aus Überzeugung das Volk knechten. Die Alternative dazu ist die Revolution des Proletariats.