Unter der Parteiführung Thälmanns entstanden zahlreiche Massenorganisationen, um auch nicht Parteimitglieder für die proletarische Revolution zu organisieren. In diesem Sinne wurde 1928 mit dem Bund proletarisch-revolutionärer Schriftsteller (BPRS) eine Massenorganisation gegründet, die Schriftsteller organisierte, die Mitglieder der KPD waren oder ihr nahe standen. Namhafte Mitglieder waren unter anderem Bruno Apitz, Johannes R. Becher, Erwin Piscator, Ludwig Renn oder Anna Seghers.

Linkskurve

"Die Linkskurve" war vor 1933 die Mitgliederzeitung des BPRS.

Nach der Machtübertragung an die Faschisten 1933 flohen insbesondere die bekannteren Künstler ins Ausland, um dem KZ zu entgehen. In Berlin jedoch gelang es in hohem Maß, die Ortsgruppe, die jetzt vor allem aus den jüngeren Kulturschaffenden bestand, in die Illegalität zu überführen. Das Vorgehen wurde von Jan Petersen beschrieben: „Kurze Zeit drauf passten wir unsere Organisation den Erfordernissen der Illegalität an; wir bildeten Widerstandsgruppen die je fünf Mitglieder umfassten, getrennt tagten und keine direkte Verbindung zueinander unterhielten.“ So erarbeiteten sie kommunistische Zeitungen, Flugblätter und kurze literarische Werke, die sie in ihrer Zellenzeitschrift „Stich und Hieb“ veröffentlichten. Auch in Breslau, Görlitz, Piesteritz, im Ruhrgebiet, Hamburg und Oberschlesien setzten einzelne Mitglieder des Bundes ihre Arbeit unter den Bedingungen der Illegalität fort. Schon unter der repressiven späten Weimarer Republik hatten sie gelernt „mit Worten zu sparen und Bilder zu finden“, um ihre revolutionären Inhalte unter die Massen zu bringen. In einem Bericht von 1934 schilderte der Bund das neue Selbstverständnis der Schriftsteller unter den Bedingungen des Faschismus: „Er ist hart und diszipliniert geworden, heute redigiert er in einem Keller eine illegale Zeitung – ein Toter auf Urlaub –, morgen dichtet er Knüttelverse, übermorgen zieht er sie selbst ab oder klebt sie an die Mauern der Straßen […].“

Sturm auf Essen

"Der Rote 1 Mark Roman" war ein Reihe des BPRS. Marchwitza war ein Militanter in den Ruhrkämpfen und Mitglied des Bundes.

Die erwähnten Knittelverse waren eine literarische Form, die für die Erfordernisse der illegalen antifaschistischen Arbeit besonders geeignet war. Es waren Zwei- und Vierzeiler, die sowohl als Flugblatt oder Klebevers verwendet werden, aber auch von Mund zu Mund weitergegeben werden konnten. Die Vermittlung der politischen Inhalte überwog bei ihnen die künstlerischer Finesse. Thema war oft die sich Verschlechternden Lebensbedingungen der Massen, die in den Kontext der faschistischen Kriegsvorbereitungen gesetzt wurden:

            Die Lebensmittelpreise sind gestiegen,

            Die „Spenden“-Steuern sind erhöht,

            Die Groschen, die auf „Kasse liegen“,

            Sind längst in Bomben umgedreht.

Auch wurden Parolen der Nazis aufgegriffen und spöttisch gegen sie gewendet, so zum Beispiel der Titel des NSDAP-Liedes „Volk ans Gewehr“:

            Die Margarine wird teurer, die Butter noch mehr.

            Volk ans Gewehr!

In diesem Zusammenhang erlangte auch ein Zweizeiler, den eine Kölner Widerstandsgruppe 1941 an den Güterbahnhof schrieb, relative Bekanntheit:

            Räder müssen rollen für den Sieg,

            Nazi-Köpfe rollen nach dem Krieg.

Räder müssen rollen für den Sieg

Da die Knittelverse kurz und prägnant waren, konnten sie leicht und relativ gefahrlos in Mundpropaganda weitergegeben werden, was sie zu einer effektiven literarischen Form machten.Thomas Mann erreicht 1933 im Exil durch einen Münchner folgenden Vers:

            Lieber Gott, mach mich stumm,

            daß ich nicht ins Konzentrationslager kumm!

Mitte der 30er Jahre war die illegale Arbeit des Bundes in Deutschland weitgehend liquidiert, da ihre Mitglieder verhaftet wurden oder fliehen mussten. In der Regel setzten die Exilanten ihre Arbeit im Ausland fort. Von ihrer Arbeit und insbesondere den Knittelversen kann man allerdings weiterhin noch einiges lernen. In der Politik kennt man diese Form zwar als Demoparolen, nutzt sie aber kaum als Mittel um die öffentliche Meinung zu prägen. Dafür passende Verse können nicht nur mündlich weitergegeben, sondern auch auf Wandzeitungen geschrieben werden. Als Anregungen sollen noch ein historischer Vers und ein bescheidener zeitgenössischer Versuch dienen:         

            Wenn du ein Feind der Nazis bist,

            dann gibts nur eins: „Werd Kommunist!“

 

„Gemeinsam gegen Corona“,

Ach, von wegen.

Die Bosse kriegen Staatskredit,

Und wir, wir stehn‘ im Regen!