Unter Marxisten kritisiert man für gewöhnlich die Religion. Allerdings sollte man auch von ihr lernen.

 

Die Christen waren zunächst eine jüdische Sekte mit einem charismatischen Führer namens Jesus. Dieser versuchte das Judentum zu erneuern, indem er die Priester kritisierte. Dabei scharte er einige Anhänger um sich, die auch nach seinem Tod seine Lehren verbreiteten; in mündlicher Tradition. 

 

Seine Predigten wurden allerdings erst lange nach seinem Tod von verschiedenen Individuen verschriftlicht. So geht die Bibelforschung heute davon aus, dass das Matthäus Evangelium zwischen 80 und 90 n. Chr verfasst wurde, und das Lukas Evangelium zwischen 70 und 90 n. Chr. Also vermutlich ca. 50 Jahre nach dem vermutlichen Tod der historischen Figur Jesus von Nazareth.

 

Das führt zum Beispiel dazu das Matthäus behauptet die Auslegung der Tora durch Jesus habe als eine ziemlich lange Bergpredigt (auf einem Berg) statt gefunden, während Lukas einige Teile davon als eine gekürzte Feldpredigt (auf einem Feld) statt finden lässt. Die Sachen, die von denen Jesus bei Matthäus auf einem Berg,bei Lukas aber nicht auf dem Feld spricht, die lässt Lukas ihn weitest gehend irgendwo anders sagen. Jedenfalls weiß niemand mehr so ganz genau, wann Jesus was, wo gesagt hat. Deshalb hat Papst Gelasius I., der von 492 bis 496 herrschte, auch lieber beide Geschichten und noch ein paar mehr gelten lassen, damit man sich nicht daran spalte, wer denn jetzt Recht hat. Das kanonisierte Neue Testament ist eine bunte, widersprüchliche Textsammlung.

 

Die Muslime haben als dritte und neuere Entwicklung des abrahamitischen Glaubens aus diesen Fehlern gelernt. Diejenigen Aussagen des Propheten Muhammad, von denen Muslime glauben, dass sie Muhammad als Gesandtem Gottes durch den Erzengel Gabriel offenbart wurden, wurden teilweise schon vor dem Tod Muhammads nieder geschrieben. Wahrscheinlich gab es schon unter dem ersten Kalifen Abu Bakr Kodizes, also vollständige Verschriftlichungen, des Quran.

Der Kalif Uthman ließ während seiner Herrschaft 644 – 656 n. Chr den Quran kanonisieren. Also ca. 10 bis 20 Jahre nach dem Tod der historischen Figur Muhammad. Er verlangte für jede Sure mindestens zwei Zeugen, veranlasste ihre Niederschrift im Dialekt des Arabischen, den sein Stamm und auch der Prophet Muhammad gesprochen haben, und ließ alle anderen Varianten verbrennen. Das Problem der mündlichen Tradition wurde also zeitnah, organisatorisch und sprachlich nah an der Quelle gelöst. Der kanonisierte Quran ist eine einheitliche Textsammlung.

 

Als Marxist sollte man es in dieser Hinsicht eher mit den Muslimen halten.