Im bayrischen LKA wird aktuell eine Analysesoftware des Überwachungskonzerns Palantir getestet. Der Einsatz ist allerdings aufgrund der damit möglichen Massendatenauswertung datenschutzrechtlich umstritten und hat in Bayern noch keine klare juristische Grundlage. Trotzdem hat die bayrische Polizei begonnen diese mit realen Personendaten zu testen.
Bei der Analysesoftware handelt es sich um das „Verfahrensübergreifende Recherche- und Analysesystem (VeRA)“. Die Software soll dazu dienen, verschiedene Datenbanken der Polizei schnell miteinander zu verknüpfen. Zum besseren Verständnis kann man sich die Datenbanken der Polizei wie eine große Bibliothek vorstellen. Wenn in dieser bisher nach Informationen gesucht wurde, mussten die dortigen relevanten Daten von Analysten aufbereitet werden, um nach Querverbindungen zu suchen und Zusammenhänge zu erschließen. Mit der “VeRA” Software soll dieser Vorgang nun vereinfacht werden, indem die Software die Auswertung der Daten übernimmt. Sie führt unverknüpfte Datenbestände der Polizei zusammen und wertet diese aus. Polizeiinterne Informationen zu Kriminalfällen und Fahndungen werden beispielsweise mit Verbindungsdaten aus der Telefonüberwachung, E-Mails, Social-Media-Daten, Inhalte beschlagnahmter Mobiltelefone und Datenträger usw. kombiniert und abgeglichen. Damit werden mögliche Zusammenhänge von der Software erkannt, wodurch die Repressionsbehörden für sie relevante Informationen gewinnen.
Diese Software wurde vom Konzern Palantir entwickelt, welcher auch Überwachungssoftware für die amerikanischen Geheimdienste wie beispielsweise die CIA, NSA oder das FBI entwickelt. In Vergangenheit war das Überwachungsunternehmen schon wegen der Beteiligung am Skandal um “Cambridge Analytica” öffentlich größerer Kritik ausgesetzt. Damals hatte Palantir Cambridge Analytica bei der Auswertung der von Facebook abgezogenen Daten geholfen, um Wahlkämpfe zugunsten rechter Politiker zu beeinflussen. Sie gehört dem Investor Peter Thiel, welcher als glühender Unterstützer von Donald Trump und Teil der sogenannten “Alt Right” Bewegung gilt.
Der Einsatz der Überwachungssoftware durch die deutsche Polizei steht in der Kritik. Einerseits, weil durch die, bei Betrieb der Software stattfindende Massendatenauswertung, die Persönlichkeitsrechte zahlreicher Menschen verletzt werden. In Bezug dazu wird auch oft von einer “Zweckentfremdung der Daten” gesprochen. Bei den Daten handelt es sich zwar bislang um Polizeiinterne Daten, die sowieso schon vorliegen, allerdings besteht auch die Möglichkeit, externe Datenbanken wie zum Beispiel aus dem Einwohnermeldeamt, dem Nationalen Waffenregister, dem VISA-Informationssystem oder dem Ausländerzentralregister einzubeziehen. Außerdem wird die Nähe des Unternehmens zu den amerikanischen Geheimdiensten kritisiert. Bei der Nutzung besteht die Möglichkeit, dass von die Daten an US-Geheimdienste weitergeleitet werden.
Ähnliche Software, welche ebenfalls von Palantir entwickelt wurden, werden bereits seit 2018 in Hessen und seit 2020 in NRW eingesetzt. Im Bundesinnenministerium konnte sich allerdings nicht auf eine bundesweite Anwendung der Software geeinigt werden. So lehnte Innenministerin Faeser im Juni die Nutzung der Software durch Bundespolizei und Bundeskriminalamts ab. CSU, CDU und AFD wollen dies erneut auf die Tagesordnung bringen. Entsprechend wird dies in der aktuellen Zeit ein Thema im Bundestag sein. Auf Vorschlag Hessens wird diese Frage auch in der nächsten Innenministerkonferenz diskutiert.
Es besteht für die Nutzung der Software in Bayern keine rechtliche Grundlage, da das Verfassungsgericht im vergangenen Februar entschied, dass die Nutzung von automatisierten Datenanalysen bei den Polizeibehörden nur mit sehr deutlichen Begrenzungen erlaubt ist. Die juristischen Voraussetzungen sollen nun durch durch die Regierung, mittels eines neuen Landespolizeigesetzes, einfach selbst geschaffen werden. Dies existiert jedoch momentan nicht, was die Nutzung rechtswidrig macht.