Wir spiegeln hiermit einen Nachruf von Genossen aus Österreich:

 

 

Wir verneigen uns vor Genossin Erika. Ein Nachruf.

Vor kurzem erreichte die Redaktion der Roten Fahne die traurige Nachricht, dass Genossin Erika im hohen Alter von 96 Jahren am 18. Dezember 2023 verstarb. Unser tief empfundenes Beileid gilt ihren Angehörigen. Die revolutionäre Bewegung in Österreich erleidet mit ihrem Tod einen großen Verlust.

Genossin Erika drängte sich niemals ins Rampenlicht, dennoch ist sie vielen bekannt, als unermüdliche Kämpferin, als Genossin die stets mit vollem Einsatz und größter Hingabe für die Sache der Unterdrückten und Ausgebeuteten einstand und stritt. Kraft und Antrieb für ihren Einsatz und entschlossenen Kampf fand sie in der tiefen Überzeugung, dass nichts bleiben muss wie es ist, dass die Ordnung der Reaktion auf Sand gebaut ist und die Zukunft den Völkern und der Arbeiterklasse gehören wird. Bis ins hohe Alter besuchte sie daher Veranstaltungen und nahm an diesen lebhaften Anteil, sie war Teil von Demonstrationen und unterstützte kommunistische, revolutionäre und demokratische Kräfte in allen Aspekten ihrer Arbeit.

Doch Genossin Erika ließ der revolutionären Bewegung in Österreich nicht nur ihre organisatorische und materielle Unterstützung zukommen. Sie leistete auch unvergessliche politische, moralische und ideologische Unterstützung, war auch hier niemals um Beiträge verlegen. Sie liebte es, mit jungen revolutionären Kräften lange Gespräche zu führen (nicht selten auch bis weit in die Nacht) und dabei aus ihrem reichen Erfahrungsschatz zu berichten. Ein Erfahrungsschatz, der tatsächlich in der Lebenszeit von fast einem  Jahrhundert Arbeiterbewegung in Österreich geprägt war – denn schon in früher Kindheit machte sie Erfahrungen,  die untrennbar mit den politischen Ereignissen und dem Klassenkampf im Land verbunden sind. Etwa dass sie als Kind einer linkssozialistisch gesinnten Familie nicht getauft war und daher im austrofaschistischen Ständestaat längere Zeit vom Schulbesuch ausgeschlossen wurde. Eine Erfahrung die sich ihr einprägte und Genossin Erika zur überzeugten Verfechterin des hohen Werts der Arbeiter- und Volksbildung werden ließ. Ein Anspruch, den sie auch in ihrem späteren Beruf als Lehrerin immer verfolgte. Nachdem sie die Feberkämpfe 1934 in Linz als Kind aktiv miterlebte, führte sie ihr späterer Weg zur KPÖ. Als in der Partei die Kämpfe zwischen einem bürgerlichen, nur noch rot maskierten Kurs und einer revolutionären, proletarischen Linie immer heftiger wurden, stand sie auf Seiten der proletarischen Linie rund um jene Kräfte die später die Marxistisch-Leninistische Partei Österreichs (MLPÖ) gründeten. Es war ihr eine revolutionäre „Selbstverständlichkeit“, dass sie auch in den folgenden Jahrzehnten immer mit jenen war, die im Kampf darum standen und stehen, dem Proletariat seine Partei zurückzugeben. Immer aktiv und im Kopf stets lebendig, doch nicht fiebrig und sprunghaft, war ihr ruhiger und besonnener Charakter nicht zuletzt Resultat der von ihr im Wortsinne tatsächlich „erlebten Geschichte“. So wurde sie zur klugen und wichtigen Gesprächspartnerin und Ratgeberin für mehrere Generationen junger Revolutionärinnen und Revolutionäre.

Obgleich sie auf Berge von Erfahrungen und Wissen zurückgreifen konnte, war sie in Gesprächen niemals „Oberlehrerin“, sondern immer bereit neues aufzunehmen, zu lernen, ihre Ansichten zu entwickeln und  gegebenenfalls zu überdenken. Sie lebte die marxistische Weltanschauung als unvoreingenommene, vorurteilsfreie und  wissenschaftliche Weltanschauung. Und wenngleich es ihr, oftmals verständlicherweise und nicht unbegründet, mit zunehmendem Alter manchmal etwas schwerer fiel die politischen Tagesthemen der revolutionären Bewegung nachzuvollziehen, kehrte sie sich von Diskussionen und neuen Themen nicht ab. Mit Überzeugung sagte sie öfter: „Solange man lernt, bleibt man jung.“ Es schien ihr immer nur konsequent, dass diese Grundhaltung sich in einem tief empfundenen revolutionären Internationalismus Ausdruck verschaffte. Denn ebenso wie sie das Gespräch mit ihren unmittelbaren Genossinnen und Genossen suchte, so waren ihr auch die Erfahrungen der internationalen Arbeiter- und Volksbewegung wichtig und teuer, ebenso wie auch das eigene Erleben und Erfahren anderer Länder, Kontinente und Nationen.

Die Rote Fahne wird sich Genossin Erika immer als Vorkämpferin und wichtiger Kampfgefährtin erinnern. Insbesondere denjenigen von uns die sie persönlich kannten, die mit ihr gemeinsam diskutieren und kämpften, war sie eine teure Lehrerin, Genossin und Freundin zugleich, die für wichtige Abschnitte des gemeinsamen revolutionären Wegs eine der prägenden Akteurinnen war. Genossin Erikas Tod hinterlässt zweifellos eine Lücke, doch ihr Einsatz und ihre beharrlich verfolgten Ziele werden in unserem Kampf weiterleben. Auch in Zukunft wird Genossin Erika in unseren Reihen präsent sein!

Wir verneigen uns. Adieu, Genossin Erika!

Hier veröffentlichen wir die von ihrer Familie erstellte und uns übermittelte Parte: