Die letzten veröffentlichen Zahlen enthüllen eine bittere Wahrheit: Ein drittel Jahrhundert nach der Annektion der DDR durch die BRD sind die Illusionen von blühenden Landschaften längst verflogen und es wird immer deutlicher, dass nicht zusammen wächst, was zusammen gehört. Die Durchschnittslöhne in den gar nicht mehr so „neuen“ Bundesländern liegen heute in etwa bei ¾ der Durchschnittslöhne West. Genauer sind es 78,5% oder ganz genau 55.797 Euro in Westdeutschland wohin gegen es in Ostdeutschland lediglich 43.624 Euro pro Jahr waren. Auch wenn beides im Vergleich zum Vorjahr absolut anstieg, sind beide inflationsbereinigt gesunken. Wesentlich dabei ist, dass der Unterschied zwischen Ost- und Westlöhnen sich nicht nur nicht verringert hat, oder gleich geblieben ist, sondern sich vergrößert hat.

 

 

Entsprechend dramatisch ist die Inflations- und Preisentwicklung für die Menschen, die von dieser Ungleichheit betroffen sind. Die Tafel in Schwedt, die sogenannte „Schutzhütte“, schlägt nun Alarm, immer mehr Menschen seien auf deren Hilfe in Form von Lebensmittelspenden angewiesen.

 

Schwedt war zu Zeiten der DDR eine enorme Industriestadt, vor allem im Bereich der Erdöl verarbeitenden Industrie. Das VEB Petrolchemie Kombinat Schwedt überlebte sogar Treuhand und KfW, auch wenn es an ein internationales Konsortium aus Shell, Rosneft und Eni verscherbelt wurde. Es versorgt heute mit seinen etwa 3.500 Arbeitern die Region Brandenburg/Berlin annähernd komplett mit Kraftstoffen.

 

Der Rosneft-Anteil am heutigen PCK Schwedt wurde jüngst unter bundesdeutsche Zwangsverwaltung gestellt, nachdem die Sanktionen gegen Russland auf den Ölimport ausgeweitet wurden. Kurze Zeit später trat dann an der durch Polen führenden Druschba-Leitung ein „Leck“ auf, welches die Versorgung des PCK mit Vorprodukten quasi zum Erliegen brachte.

 

Entsprechend groß sind die Zukunftssorgen der Menschen in Schwedt und sie tragen ihren Unmut auf die Straße. Anfang Mai diesen Jahres verhinderte die Polizei noch Protest vor dem Werk. Doch die Schwedter lassen sich nicht unterbuttern. Ende Juni beteiligten sich viele an einer Demonstration, auf der auch Minister Robert Habeck sprechen sollte. Gewerkschaften, hier insbesondere die IG BCE, und Staat im Verbund suchen einen reaktionären Ausweg, aber die Stimmung der Massen, die ihm entgegen schlug, war beeindruckend. Zuletzt demonstrierten tausende im Oktober in Schwedt. Diesmal versuchte die Linkspartei mit allerhand Bundesprominenz den Protest unter ihren Fahnen in ruhigeres Fahrwasser zu bringen. Auch die versprochenen 325 Millionen Euro Fördermittel für den „Transformationsprozess“ hin zu „Grüner Energie“ zielen auf diesen reaktionären Ausweg.

 

Besonders die Berichte zur letzten Demonstration zeigen aber deutlich, wie weit sich die Massen bereits vom den parlamentarischen Illusionen gelöste haben. So heißt es unter anderem, ein Teil der Massen „ … habe[n] jede Hoffnung in die Politik verloren. "Das sind doch alles nur Schaumschläger", wird ein Zuhörer zitiert. … manche zeigten sich aber auch enttäuscht: "Wir hätten uns mehr erwartet als diese Wahlkampfrede".“

 

Wichtig ist auch, dass die westdeutsche intellektuelle Borniertheit, die allzu gerne über den ausschließlich braunen Osten schwadroniert, in der Realität eines besseren belehrt wird. So gingen wenige Tage nach seiner Wahl dem neuen Bundesvorsitzenden der AfD-Jugendorganisation „Junge Alternative” Hannes Gnauck die Scheiben seines Bürgerbüros in Angermünde (keine 25km von Schwedt entfernt) kaputt und es sollen Beleidigungen an den Laden geschrieben worden seien.