In einem koordinierten Schlag gegen landbesetzende Bauern wurden vor elf Tagen über 800 Bauern in Venezuelas Bundesstaat Barina Zwangsvertrieben. Dieser erneute Angriff auf die arme ländliche Bevölkerung zeigt die Scheinheiligkeit aller angeblichen Programme der Landreform und Umverteilung, der sich die venezolanische Regierung immer wieder rühmt. Auch wenn jetzt die Verantwortung für die Aktion auf allen höheren Regierungsebenen konsequent abgestritten wird, handelt es sich doch um weit mehr als einen untypischen Einzelfall.

 Venezuela Polizei verbrennt Land

In einer großangelegten Aktion marschierten am Morgen des 10. März Polizei und Nationalgarde in den drei Gemeinden Orticero, Las Mercedes und Jovito ein. Ohne vorherige Warnung wurden unter direkter Aufsicht der lokalen Verantwortlichen des Nationalen Landinstitut (Instituto Nacional de Tierras - INTI) und des Verantwortlichen der Einheiten für Sicherheit und öffentliche Ordnung der Armee, der Nationalgarde sowie der Kommunalen Polizei 868 Bauern gewaltsam von ihrem Land vertrieben. Die Sicherheitskräfte verprügelten bei ihrem Angriff Kindern und schwangere Frauen, beschlagnahmten Traktoren mit denen sie die Anpflanzungen niederfuhren, vergifteten Brunnen und brannten Hütten sowie jeglichen privaten Besitz der Bauern nieder. Selbst ihr Vieh wurde von den Bullen gestohlen oder vertrieben. Unter dem Vorwand von Verbrechen wie Widerstand gegen die Polizei, illegaler Landbesetzung, Viehdiebstahl und Erpressung wurden darüber hinaus sieben Bauern festgenommen.

 

Nach massiven öffentlichen Druck, unter anderem durch eine große internationale Solidaritätskampagne, sah sich die Regierung Maduros gezwungen eine Untersuchung dieses Vorfalls einzuleiten. Dies ist insbesondere deswegen so wichtig, weil Venezuelas Regierung laut Selbstdefinition seit Chávez-Zeiten angeblich Land an die landlosen Bauernschaft verteilt, anstelle es ihr wegzunehmen. Deswegen ist die Regierung jetzt aufs äußerste bemüht, jede Verantwortung von sich zuweisen und die Schuld bei einzelnen, unteren Funktionären dieser oder jener Behörde zu finden. Doch alle jetzt von der Regierung und INTI geäußerten Beteuerungen, es handle sich hierbei um den Einzelfall einer korrupter lokalen Funktionärin, sind eine plumpe Lüge, wenn man sich die Situation in Venezuela näher anschaut.

 

Venezuela Bauern gegen Polizei

 

Venezuela befindet sich in tiefer ökonomischer und politischer Krise. Die revisionistische und volksfeindliche Regierung der “Vereinigten Sozialistischen Partei Venezuelas” ist schon seit langem nicht mehr in der Lage die Illusion aufrecht zu erhalten, eine fortschrittliche Kraft zu sein. Im Gegenteil: Mit der zunehmenden Krise hat sich ihr offen reaktionärer Charakter immer klarer gezeigt. Der kürzliche Angriff der Bullen und die Vertreibung der Bauern Barinas im Dienste der Großgrundbesitzer ist aber keine neue Entwicklung, sondern seit Jahrzehnten Normalität. So wurden beispielsweise Anfang August letzten Jahres in der Provinz Yaracuy 277 Menschen von ihren Felder vertrieben. Gegen sieben der Bauern laufen die Verfahren nach wie vor. Auch der Versuch der Bauern der Grenzregion Lara-Yaracuy die am 1. Januar diesen Jahres unbewirtschaftete Felder besetzten um diese für die Landwirtschaft zu nutzen, wurde mit Verhaftung und Nationalgarde beantwortet.

 

Jetzt – wie die venezolanische Regierung - zu behaupten, der aktuelle Fall sein kein Ausdruck der systematischen Aufrechterhaltung der Großgrundbesitzes durch den Staat, sondern ein Fall der Korruption Einzelner, ist allein deshalb schon eine glatte Lüge, weil die Bauern Barinas bereits seit Jahren den Klüngel zwischen INTI und Großgrundbesitzern denunzieren und hierfür sogar das INTI-Büro mit 500 Menschen besetzten. Doch entgegen ihrer Versprechen unternahm die Regierung nichts und billigte so das Vorgehen der INTI. Und wie dieses Aussieht, lässt sich zumindest durch die wenigen veröffentlichten Informationen der jetzt laufenden Untersuchung erahnen: In mehreren Fällen haben sich die staatlichen Funktionäre direkt Grundbesitz überschrieben, in 146 Fällen wurden von der Regierung zugesicherte Landrechte unterschlagen und systematischDokumente und Akten gefälscht.

Venezuela Polizei verbrennt Hütte