Im Folgenden veröffentlichen wir ein Flugblatt des Rot Front Kollektivs (Österreich), das eine wichtige Orientierung für die Proteste gegen die schwarz/blaue Bundesregierung in Österreich für das kommende Jahr gibt.

Ein Jahr Schwarz/Blau:
KÄMPFERISCHER ANTIFASCHISMUS VORAN!

Ein Jahr ist vergangen seit dem die schwarz/blaue Bundesregierung durch den grünen Bundespräsidenten Van der Bellen angelobt wurde. Eine Regierung die sich zwar nicht grundlegend von der rot/schwarzen Regierung davor unterscheidet, jedoch durchaus um einiges aggressiver und härter die Interessen des Kapitals umsetzt, eine Regierung die es sich selbst zum Ziel setzte „aufzuräumen“ mit allem was „der Wirtschaft schadet“, mit den verbliebenen demokratischen, sozialen und wirtschaftlichen Rechten der Arbeiter und breiten Massen. Umfassende Angriffe und Kürzungen in nahe zu allen Bereichen waren Teil dieses „ersten Jahres“.

Die Wiedereinführung des 12-Stunden-Tages und der 60-Stunden-Woche waren dabei „nur“ die Spitze des Eisberges, der sich jedoch aufbaut auf einer weitgehenden Einschränkung und Verstümmelung der demokratischen Rechte, wie Versammlungsfreiheit oder Kultur-, Bildungs-, und Frauenschutzeinrichtungen, sowie einem offensiven chauvinistischen und geschichtsrevisionistischen Programm der „europäischen Leitkultur“, oder der Regierungsintegration von nur schlecht verhüllten nazistischen Kräften. Ein Programm also, das offen die verstärkte Ausbeutung und Unterdrückung der Mehrheit der Bevölkerung verfolgt und in zügigen Schritten auch umsetzt. Doch warum gerade jetzt, wo doch angeblich „die Wirtschaft floriert“?

Das österreichische Kapital erwirtschaftet seinen größten Profite im Ausland, in seinen Kolonien am Balkan und in Osteuropa, seinem „traditionellen“ Einflussgebiet. Dabei geht es nicht nur um österreichische Konzerne die dort mit billigst Arbeitskräften ihre Profitrate erhöhen, sondern auch um Milliardeninvestitionen von Banken wie der Raiffeisen Bank International oder der Erste Group. Die weltweite verschärfte Krise des kapitalistischen Systems, die 2008 einen weiteren Höhepunkt erreichte, zeigte die großen Probleme vor denen das Kapital in seinen Kolonien – die seine Haupteinnahmequellen sind - steht.  Bis heute hat es weder das österreichische Kapital alleine, noch mit Hilfe der „Reformprogramme“ der EU-Osterweiterung geschafft ihren Profit in dieser Region wieder zu stabilisieren und die Ausbeutung auf reibungslosem Weg weiterzuführen. Für keinen anderen Imperialisten in der EU sind die Profite aus dem Balkan und Osteuropa so überlebenswichtig wie für das österreichische Kapital, ist es doch der größte Kreditgeber der gesamten Region. Auch die Unterstützung von offenen Faschisten wie in der Ukraine, hat nicht zum gewünschten Ergebnis geführt, jeder Tag im verschärften Konflikt mit dem russischen Imperialismus bedeutet für das österreichische Kapital Millionenverluste. Das härtere und aggressivere Vorgehen des österreichischen Kapitals mit seiner schwarz/blauen Bundesregierung spiegelt die Auswirkungen des weltweiten kapitalistischen Systems wieder, dessen allgemeine Krise sich immer weiter verschärft.  Die Angriffe die wir in diesem „ersten Jahr“ gesehen haben, die Verluste die das Kapital in seinen Kolonien erfährt, durch die gesteigerte Ausbeutung „im eigenen Land“ ausbessern sollen sind in diesem Rahmen „lediglich“ ersten Maßnahmen des österreichischen Kapitals, welche eine weitere Verschärfung der Krise abschwächen sollen. Und die Herrschenden haben vor dafür noch weitere Schritte zu gehen, da selbst bürgerliche Statistiken eine nochmalige Verschärfung der Krise bereits ankündigen.

Schon bei der Angelobung der schwarz/blauen Bundesregierung waren es Tausende die sich dagegen zur Wehr setzten. Im Jänner gingen gar 75.000 auf die Straßen und über das gesamte Jahr hinweg gab es keine einzige Maßnahme oder Angriff, die nicht den Protest von Tausenden oder Zehntausenden zur Folge hatte. Vor allem die Großdemonstration gegen den 12-Stunden-Tag und die Streiks der Metaller und Eisenbahner waren hervorragende erste Schritte der zunehmenden Bewegung innerhalb der Arbeiterklasse. Dass diese Streiks noch keine größeren Ausmaße angenommen haben, darf uns nicht verunsichern, das ist eine vorübergehende Schwäche die vor allem von der absoluten Unfähigkeit und Untätigkeit der Gewerkschaftsbürokratie kommt, die knapp davor steht all ihre Privilegien, das jahrzehntelange System der Sozialpartnerschaft, zu verlieren und selbst da nicht in der Lage dazu ist, sich mit den ArbeiterInnen zusammenzuschließen. Die langjährige Packelei mit dem Kapital, die Furcht vor jeder Bewegung der Arbeiterklasse die über einen streng kontrollierten Warnstreik hinausgehen würde, hat die Bürokratie der Gewerkschaft als taugliches Instrument für den Arbeitskampf abgemeldet. Sie haben im sogenannten „heißen Herbst“ eindrücklich gezeigt, dass sie so sehr nur noch im System und in der Bürokratie des Kapitals funktionieren, dass sie sich wirkliche Streiks gar nicht mehr vorstellen können, ja gar nicht mehr für möglich halten und auch nicht mehr wollen. Umso mehr sind nun die bewussten ArbeiterInnen, die fortschrittlichen demokratischen und revolutionären Kräfte in der Pflicht die breiten Massenproteste, die zunehmende Kampfaktivität der Arbeiterklasse als hervorragende Ausgangslage zu begreifen,  die es zu entwickeln gilt. Die Zehntausenden und Hunderttausenden die im letzten Jahr protestiert, demonstriert und gestreikt haben, zeigen, dass ein großer Teil der Bevölkerung die Ausbeutungsoffensive des Kapitals nicht einfach so akzeptiert, sondern sich gegen jeden Angriff zur Wehr setzt. So erfreulich diese breiten Proteste sind, dürfen wir gerade deshalb nicht davon ausgehen, dass sich diese „automatisch“ weiterentwickeln werden, „automatisch“ größer, bewusster und planmäßiger werden – und das ist notwendig wenn wir uns das „zweite Jahr“ das uns nun bevorsteht vor Augen führen. Lenin, der meisterhafte Führer der Oktoberrevolution, gibt uns dazu in der Anfangsphase der russischen Arbeiterbewegung im Kampf gegen den Revisionismus und Opportunismus eine wichtige Lehre: „Aber die spontane Entwicklung der Arbeiterbewegung führt eben zu ihrer Unterordnung unter die bürgerliche Ideologie, sie verläuft eben nach dem Programm des Credo, denn spontane Arbeiterbewegung ist Trade-Unionismus, ist Nur-Gewerkschaftlerei, Trade-Unionismus aber bedeutet eben ideologische Versklavung der Arbeiter durch die Bourgeoisie. Darum besteht unsere Aufgabe, die Aufgabe der Revolutionäre, im Kampf gegen die Spontanität, sie besteht darin, die Arbeiterbewegug von dem spontanen Streben des Trade-Unionismus, sich unter die Fittiche der Bourgeoisie zu begeben, abzubringen und sie unter die Führung der revolutionären Partei zu bringen.“ Lenin zeigt uns damit, dass das fortschrittliche Bewusstsein in die Arbeiterbewegung hineingetragen werden muss damit sich diese von den „Fittichen“ der Bourgeoisie befreien kann. Deshalb dürfen wir uns nicht von der Untätigkeit der Sozialdemokratie und den Gewerkschaften beirren lassen, so sehr diese auch äußerlich Einfluss auf die Proteste und Streiks haben mag, denn sie ist nicht der Hauptfaktor der den weiteren Verlauf der Kämpfe bestimmen wird. Viel entscheidender ist die Verwirrung die der Revisionismus und Opportunismus innerhalb der Arbeiter- und Massenbewegung stiftet, der propagiert, dass durch „mehr Streiks“ alleine die Regierung „zu Fall gebracht“ werden könnte, oder der Kampf gegen das Kapital als Kampf gegen einzelne, besonders bösartige Vertreter der Regierung geführt werden müsse und die Aufgaben der fortschrittlichen Kräfte, der Revolutionäre auf die Rolle eines Gewerkschafters oder eines „Kritikers gegen die Sozialdemokratie“ reduziert. Haben wir die Gefahr des Revisionismus nicht klar vor Augen und Packen den Kampf dagegen nicht bewusst an, werden sich die hervorragenden Kämpfe nicht zu einer starken Kraft gegen das Kapital entwickeln, sondern lediglich zu einer Kraft für eine andere Regierung (des Kapitals) und damit einer anderen, „besseren“ Verwaltung des Kapitalismus werden. Doch es darf von den fortgeschrittenen Kräften auch jene Verwirrung nicht übersehen werden, die die Stoßrichtung gegen das Kapital ebenfalls zu verwässern versucht, indem das österreichische Kapital selbst nur als „Anhängsel“ oder gar „Opfer“ von größeren Mächten propagiert wird und damit jeder Protest und Streik gegen das österreichische Kapital zahnlos gemacht werden soll. Den Revisionismus und Opportunismus als Hauptgefahr in den Massenprotesten zu bekämpfen, heißt nicht jegliche Bündnisarbeit in der sogenannten „Linken“ einzustellen, im Gegenteil, es erfordert gerade den Kampf gegen Verwirrungen umso bewusster zu führen, um Bündnisse zu schmieden die tatsächlich ein Ausdruck der Einheit gegen das Kapital widerspiegeln und der weiteren Entwicklung der Kämpfe dienen, und nicht einer Aneinanderreihung von Organisationen am Papier.

Erinnern wir uns an die ersten Proteste nach der Regierungsangelobung, erinnern wir uns an die Proteste gegen die EU-Ratspräsidentschaft, erinnern wir uns an die Ausbreitung der „Donnerstagdemos“ auf einen großen Teil des gesamten Landes und die Streiks in den vergangenen Wochen - das waren hervorragende Maßnahmen und sie können noch viel mehr sein!  Erinnern wir uns auch daran, dass sich im vergangenen Jahr auch viele kämpferische Proteste der Massen entwickelt haben! Gerade unter dem besonderen Druck dieser Regierung sollten alle kämpferischen AntifaschistInnen und fortschrittlichen Kräfte die Losung „Rebellion ist gerechtfertigt“ besonders hervorheben und in den Protesten all jene Bestrebungen der Massen besonders unterstützen, die sich nicht nur wehren, sondern versuchen bewusst zu kämpfen, als wichtige Schritte die das Vertrauen in die eigene Kraft stärken und eine Vorbildwirkung für alle anderen Formen des Protestes einnehmen können. Dafür braucht es im kommenden „zweiten Jahr“ vor allem Klarheit und Bewusstsein über die nächsten Schritte und die feste Orientierung gegen das Kapital in den Protesten. Hören wir nochmals die Lehren Lenins: „Je stärker der spontane Aufschwung der Massen ist, je breiter die Bewegung wird, desto schneller, unvergleichlich schneller wächst das Bedürfnis nach einer Masse von Bewusstheit sowohl in der theoretischen als auch in der politischen und organisatorischen Arbeit der Revolutionäre.“ Dem Gesetz folgend „wo Unterdrückung ist, ist auch Widerstand“ können wir mit Zuversicht und mutigen Schritten in das kommende Jahr gehen, was die Notwendigkeit auf die Tagesordnung stellt, eben das „Bedürfnis nach Bewusstsein“ zu erfüllen. Das wird der Hebel sein mit dem die kämpferischen AntifaschistInnen und bewussten Revolutionäre die Proteste gegen Schwarz/Blau auf eine höhere Stufe stellen. Das heißt das vergangene Jahr nicht einfach so vergehen zu lassen, sondern die Kraft der Massen, die Aktivität der Arbeiterklasse vom spontanen Protest im vergangenen Jahr zum bewussten, zielgerichteten Kampf gegen das Kapital zu schmieden!

Weg mit Schwarz/Blau! Nieder mit dem Kapital!
Kämpferischer Antifaschismus voran!

Rot Front Kollektiv (Österreich)