Die IG Metall berichtet in ihrer zweimonatlichen Mitgliederzeitschrift „metall“ von einem Fall vor dem Bundesarbeitsgericht im Sommer diesen Jahres. Dabei geht es darum, ob der Arbeitskäufer einem Arbeiter nach beleidigenden Aussagen in privaten Chats kündigen kann.

Ein langjährig Beschäftigter hatte sich in einer Chatgruppe ab 2020 „beleidigend und menschenverachtend über Vorgesetzte und Arbeitskollegen“ geäußert. Ob es nun reaktionäre Aussagen oder gerechtfertigte Wut auf den Chef und ein paar Untertanen war, wurde der Öffentlichkeit nicht mitgeteilt, ersteres wurde aber angedeutet. Als der Chef davon erfuhr, kündigte er das Arbeitsverhältnis mit Zustimmung des Betriebsrates fristlos.

Der Gekündigte klagte dagegen mit der Begründung, der Inhalt des Chats dürfe nicht verwendet werden, da es ein rein privater Austausch gewesen sei. Nachdem ihm beide Vorinstanzen recht gegeben hatten, landete der Fall beim Bundesarbeitsgericht (BAG) auf dem Tisch. Diese wiesen die Berufungsurteile zurück:

Eine Vertraulichkeitserwartung ist nur dann berechtigt, wenn die Mitglieder der Chatgruppe den besonderen persönlichkeitsrechtlichen Schutz einer Sphäre vertraulicher Kommunikation in Anspruch nehmen können. Das wiederum ist abhängig von dem Inhalt der ausgetauschten Nachrichten sowie der Größe und personellen Zusammensetzung der Chatgruppe. Sind Gegenstand der Nachrichten – wie vorliegend – beleidigende und menschenverachtende Äußerungen über Betriebsangehörige, bedarf es einer besonderen Darlegung, warum der Arbeitnehmer berechtigt erwarten konnte, deren Inhalt werde von keinem Gruppenmitglied an einen Dritten weitergegeben.“

Ganz gleich, wie reaktionär der Gekündigte gewesen sein mag – das BAG hat hier einen Präzedenzfall geschaffen, der einen eindeutigen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Arbeiter ermöglicht, um Unliebsame „Arbeitnehmer“, die aufgrund ihrer Ausbeutung Klassenhass entwickeln, aus Sicht der Ausbeuter einfacher „loszuwerden“. Wenn, wie einige das heute so sagen, „Klassismus nach oben“ entwickelt wird und der arme Chef sich nicht mehr wohlfühlen kann, dann kann viel schneller eingeschritten werden, und alleine präventive Überwachung bzw. Ausspähung der Aktivität von Kollegen in den sozialen Medien ist damit gerechtfertigt. Das zeigt, dass auch im Hintergrund permanent Angriffe auf die selbst erkämpften Rechte der Arbeiter stattfinden.

 

Bild: Die Richter des Bundesarbeitsgerichts (Quelle: bundesarbeitsgericht.de)