Am 08. November kam es zeitgleich landesweit zu Hausdurchsuchungen gegen Antifaschisten. Der Hintergrund davon sind die Ereignisse am 1. Mai dieses Jahres, in Gera. Dort kam es bei Protesten gegen einen faschistischen Aufmarsch zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. Nun, etwa ein halbes Jahr später, schlugen die Repressionsbehörden zu und ließen in fünf verschiedenen Bundesländern Wohnungen durchsuchen. Die Repression in diesem Fall ist aber nicht isoliert zu betrachten, sondern sie ist Teil einer großen allgemeinen Tendenz im deutschen Staat.

Am ersten Mai dieses Jahres, fand in der thüringischen Universitätsstadt Gera ein 700 Personen starker faschistischer Aufmarsch, zu welcher die Gruppe „Aufbruch Gera" aufgerufen hatte, statt. Dagegen richtete sich eine antifaschistische Demonstration, an welcher sich etwa 500 Personen beteiligt haben sollen. Während der Demo sollen die Bullen dann willkürlich versucht haben, die Demonstration zu stoppen, was die Teilnehmer sich nicht bieten ließen. Bei einem Durchbruchsversuch durch die Polizeikette soll es dabei dann zu Auseinandersetzungen mit den Cops gekommen sein, in Zuge dessen diese Pfefferspray und Schlagstöcke gegen die Demonstration einsetzten und letztlich rund 250 Demonstrationsteilnehmer einkesselten. Bis zu fünf Stunden wurden die betroffenen Personen, für die bloße Teilnahme an einer Demonstration im Polizeikessel gefangen gehalten. Von jedem einzelnen wurden die Personalien kontrolliert. Begründet wurde die Maßnahme, mit dem typischen Vorwurf des "Landfriedensbruch", also die Teilnahme an einer Versammlung, aus der heraus kriminalisierbare Handlungen verübt wurden.

Die Maßnahme der Polizei, einfach 250 Menschen aus einer Demonstration heraus über Stunden hinweg einzukesseln, war offensichtlich total willkürlich und stieß selbst in Teilen der bürgerlichen Politik auf Kritik. Die Jugendorganisationen von SPD, Linken und Grünen verurteilten den Polizeieinsatz in einer gemeinsamen Erklärung und bezeichneten die Handlungen der Cops als Polizeigewalt. Während die Linksfraktion im thüringischen Landtag, den Polizeieinsatz auch deutlich kritisierte und als „unverhältnismäßig" bezeichnete, kam es auch von manchen Abgeordneten der Grünen und der SPD zu Kritik an der Polizei, wenn auch zurückhaltender.

Nun, nachdem einige Monate vergangen und der damalige Polizeieinsatz aus dem Blick der öffentlichen Aufmerksamkeit verschwunden ist, sah die politische Polizei wohl eine günstige Gelegenheit den nächsten Schlag gegen die betroffenen Antifaschisten auszuteilen. So wurden am frühen Morgen des 08. November in Thüringen, Sachsen, Hamburg, Niedersachsen und Baden-Württemberg Wohnungen durchsucht. Der Schwerpunkt der Durchsuchungen lag dabei allerdings auf Thüringen und Sachsen. Bei den Durchsuchungen traten die Polizeibeamten auch außerordentlich martialisch auf. Mit Spürhunden im Schlepptau brachen vermummte Bullen mit Rammböcken Türen auf, rissen Menschen unerwartet aus ihren Betten und fesselten diese. Bei der Durchsuchungen wurden in allererster Linie allerlei technische Geräte, wie Mobiltelefone, Computer und Datenträger beschlagnahmt. Daneben machten die Cops auch Fotos von dunkler Kleidung, welche sie in den Wohnungen der Personen fanden.

Eine Auffälligkeit in dieser Situation ist allerdings die Begründung der Durchsuchungsmaßnahmen. Dabei wurde der absolute Großteil der Wohnungen aufgrund des Vorwurfes des Landfriedensbruchs genannt. Konkreter Verdacht auf die Beteiligung der Betroffenen an Straftaten wurde dabei nicht genannt. Stattdessen ist der Vorwurf, mit welchen die Durchsuchungen von offizieller Seite aus begründet werden, das Teilnehmen an einer angemeldeten Demonstration und das Tragen von schwarzer Kleidung. So heißt es laut Junge Welt in einem Durchsuchungsbeschluss:

"Der Beschuldigte habe sich in dem Block befunden, der von der Polizei eingekesselt wurde. »Zum Ausdruck seiner linksgerichteten und die Kommunikation mit staatlichen Organen ablehnenden Haltung trug er schwarze Oberkleidung« und eine schwarze Hose als Zeichen der Zugehörigkeit zum »schwarzen Block«. Vergleichbare Kleidung soll aus denselben Gründen die »weit überwiegende Zahl der sich in diesem Bereich der Versammlung befindlichen Personen« getragen haben, »welche zuvor gewaltsam die Polizeikräfte angegriffen hatten«, heißt es weiter."

Auch die Rote Hilfe spricht davon, dass den Antifaschisten in der Regel lediglich Landfriedensbruch sowie ein Verstoß gegen ein im Thüringischen Versammlungsrecht festgelegtes Uniformverbot vorgeworfen wird. Dieser Verstoß des Uniformrechts wird nun von der Staatsanwaltschaft dadurch herbeikonstruiert, dass die Betroffenen während der Demonstration schwarze Kleidung getragen haben sollen.

Dass auf dieser waagen Grundlage landesweite Hausdurchsuchungen durchgeführt wurden, ohne dass dem Großteil der betroffenen Personen konkret irgendein individueller Tatbeitrag vorgeworfen wurde, ist ein neuer Gipfel in der staatlichen Repression gegen Antifaschisten. Es macht jedoch auch deutlich, dass es den Repressionsbehörden nicht darum ging, konkrete Beweise für Straftaten zu finden. Vielmehr ging es darum, die Betroffenen einzuschüchtern und Informationen über die antifaschistische Bewegung zu sammeln. Vor allem die antifaschistische Bewegung im Osten des Landes soll wohl durch die Durchsuchungsmaßnahmen bespitzelt und eingeschüchtert werden.

Die Ereignisse in Gera, mitsamt der aktuellen Hausdurchsuchungen, stehen aber auch in einer deutlichen Kontinuität von Repression. So konnten wir die letzten Jahre überdeutlich sehen, wie die Repression gegen die antifaschistische Bewegung zunimmt. Vor allem die Taktik, mit großen Polizeikesseln die Identität von größeren Menschenmassen bei Protesten festzustellen, wurde in diesem Jahr häufig angewendet. Weitere Beispiele neben dem Polizeieinsatz in Gera wären unter anderem die Polizeikessel nach den Hafturteilen im Antifa Ost Verfahren oder beim Parteitag der AFD in Offenburg. Die Praxis von Hausdurchsuchung wird ebenfalls immer öfter und häufiger angewendet. Erst kürzlich wurden in Nürnberg die Wohnungen von Antifaschisten wegen des vermeintlichen anbringen politischer Graffiti durchsucht. Aber auch Haftstrafen werden immer häufiger vor Gericht gegen aktiven Antifaschisten ausgesprochen. So gibt es zum aktuellen Zeitpunkt eine ganze Reihe an Antifaschisten, welche für ihren gerechtfertigten Kampf hinter Gittern sitzen. Bekannte Beispiele sind zum Beispiel Jo, Dy, Findus oder auch Lina und die anderen Betroffenen des Antifa Ost Verfahrens, sowie die verurteilten Antifaschisten im stuttgarter "Krawalnachtsprozess". Die Liste ist lang und ließe sich noch weiter fortsetzen. Neben Durchsuchungen und hohen Strafen werden aber auch häufiger Proteste einfach verboten, wie im genannten Beispiel der Proteste zur Urteilsverkündung im Antifa Ost Verfahren.

Wir können also sehen, dass die Repression der Herrschenden die antifaschistische Bewegung stärker unter Druck setzt. Doch nicht nur diese ist von der Repression betroffen. Auch ausländische Revolutionäre und Antiimperialisten sehen sich immer wieder großen Angriffen ausgesetzt. Im aktuellen Moment steht besonders die Unterstützung des palästinensischen Befreiungskampfes im Fadenkreuz der Reaktion. So gab es in den letzten Wochen zahlreiche Angriffe auf Demonstrationen und die Negierung juristisch festgelegter bürgerlich-demokratischer Grundrechte. Vielerorts gab und gibt es tatsächlich eine komplette Abschaffung der Versammlungsfreiheit zu diesem Thema. Zahlreiche Demonstrationen wurden einfach kurzerhand Verboten und mit dem Polizeiknüppel niedergeschlagen. In Hamburg beispielsweise gibt es aktuell ein per Allgemeinverfügung verhängtes komplettes Verbot jeglichen Protests zu diesem Thema. Doch auch da wo die Demonstrationen erlaubt werden, kommt es immer wieder zu starken willkürlichen und juristisch unhaltbaren Auflagen durch die Polizei, um die Meinungsfreiheit einzuschränken und Gründe zu finden, die genehmigten Demonstrationen anzugreifen. Mit dem Verbot der linken Organisation Samidoun, deren Tätigkeit ausschließlich aus legalen politischen Aktivitäten wie Demonstrationen und Protesten bestand, hat der deutsche Staat klar gezeigt, dass er seine eigenen Gesetze bezüglich des sogenannten Grundrechtes der Meinungs- und Vereinigungsfreiheit nicht respektiert.

Menschen, die im Zuge ihrer politischen Aktivitäten zu diesem Thema von der Repression getroffen werden, werden dabei auch mit harten Strafen konfrontiert. So wird zum Beispiel immer häufiger aus den Reihen der Politik gefordert, Flüchtlinge, die sich für Palästina positionieren, sofort abzuschieben, bis hin dazu, hier lebenden Migranten mit deutscher Staatsbürgerschaft, diese abzuerkennen. Kürzlich wurde in Heilbronn auch eine Person in Untersuchungshaft genommen und in den Knast gesperrt, da sie beschuldigt wird, eine vor dem Rathaus aufgehängte Israelfahne abgehangen und zerstört zu haben.

Wie zahlreiche andere Staaten wird auch der deutsche Staat zunehmend reaktionärer. Diese zeigt sich gerade sehr deutlich in der Negierung zahlreicher Grundrechte. Allerdings ist dies keine Entwicklung, welche von jetzt auf gleich geschah. In den letzten Jahren hat der deutsche Staat immer wieder kontinuierliche Schritte getan, um bürgerlich demokratische Freiheiten weiter und weiter einzuschränken. Einerseits natürlich durch das Erlassen reaktionärer Gesetze, wie zum Beispiel die zahlreichen neuen Polizeigesetze. Jene neu erlassenen Befugnisse konnten dann mit den Jahren auch immer stärker in der Praxis umgesetzt werden. Die sogenannten „Coronajahre“ in welchem die Herrschenden den Ausnahmezustand ausriefen und mit Ausgangssperren quasi ganze Bundesländer über Nacht zuhause einsperrten, trieben die Reaktionarisierung des Staates – ganz im Interesse der Herrschenden massiv voran. In dieser Zeit wurden auch die ersten Demonstrationen pauschal verboten. Während Teile der linken Bewegung die Einschränkungen der Versammlungsfreiheit damals begrüßten, da sie gegen Proteste unter reaktionärer Führung gerichtet waren, sehen wir heute, dass es nicht dabei blieb. So wie damals die sogenannten Queerdenken-Proteste, so werden heute antifaschistische und antiimperialistische Demonstrationen einfach kurzerhand verboten.

Die zunehmende Repression und die Negation demokratischer Grundrechte ist ein Ausdruck dieser faschistischen Tendenz und der Kampf dagegen ein Teil des antifaschistischen Kampfes. Dabei ist es gleich, ob die Aktionen der Klassenjustiz sich nun gegen Antifaschisten, Umweltaktivisten, türkische Revolutionäre oder Antiimperialisten richten. Konsequenter Antifaschismus bedeutet natürlich, die Faschisten auf der Straße zu konfrontieren und sie aus unseren Städten, Vierteln und Dörfern zu vertreiben. Konsequenter Antifaschismus bedeutet aber auch, die faschistische Tendenz innerhalb des bürgerlichen Staatsapparates zu erkennen und zu bekämpfen. Das ist die Aufgabe jedes Antifaschisten, ohne dabei jedoch in die Falle der "Verteidigung der Demokratie" zu tappen.