Am 21. Juli wurde die 27-jährige Studentin Pinar Gültekin in Muğla im Südwesten der Türkei von ihrem Ex-Freund durch Würgen ermordet und die Leiche anschließend nach Verbrennungsversuchen in einer Mülltonne mit Beton übergossen. Die Zahl der Frauenmorde in der Türkei steigt weiterhin und liegt dieses Jahr laut dem Frauenverband Kamer bereits bei 260 – durch die Ausgangssperre verstärkt, sei die Zahl der Fälle häuslicher Gewalt in Istanbul dieses Jahr allein um 40 Prozent gestiegen.

Am Folgetag dieses grausamen Mordes gab es landesweite kämpferische Kundgebungen und Demonstrationen gegen patriarchale Gewalt und die Morde der letzten Monate mit Hunderten von Teilnehmern in unter anderem Muğla, Istanbul, Ankara, Izmir, Adana, Hatay, Mersin, Antalya und Meletî (Malatya). In Izmir griffen die Bullen ohne einen konkreten Anlass eine Demonstration an und nahm zwölf Demonstrantinnen fest. Eine Teilnehmerin berichtete: „Wir versammelten uns erst vor dem Kulturzentrum im Stadtteil Alsancak, um ein Pressestatement abzugeben. Als wir den Protestmarsch begannen, hielt uns die Polizei plötzlich mit Barrikaden auf. Anschließend wurden wir unrechtmäßig inhaftiert, geschlagen und misshandelt.“

Die Proteste forderten auch in weiten Teilen das Einhalten der Istanbul-Konvention („Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“ von 2011). Die Türkei hatte das Übereinkommen als erstes Land unterzeichnet und als „Gesetz zur Vorbeugung von Gewalt gegen Frauen und zum Schutz der Familie” national eingeführt. In jüngerer Vergangenheit positionierte sich die türkische Regierung gegen die Konvention und stellte in Aussicht, aus dem Abkommen auszusteigen. Natürlich tut es herzlich wenig zur Sache, ob die Türkei diesen leeren Vertrag nun offiziell umsetzt oder ablehnt, dafür aber soll kurzzeitig das Vertrauen der Massen in die bürgerliche Demokratie und in die angebliche Wichtigkeit dieser Konvention gestärkt werden. Das Patriarchat kann aber nur durch die vollständige Zerstörung des Imperialismus abgeschafft werden, was für die Türkei konkret als erstenSchritt die siegreiche Durchführung der neudemokratischen Revolution bedeutet.